Auszug aus einem interessanten Artikel von Martin Erbinger in der Zeitschrift "Wild und Hund 20/2011".

Dem breiten Angebot an Nachtsichtgeräten stehen vergleichsweise wenige Möglichkeiten zur Information gegenüber. Dies kann zu Missverständnissen oder ernüchternden Fehlkäufen führen. Auf einschlägigen Internetseiten, in Herstellerbroschüren oder auf Messeständen schwirren Begriffe, wie Generationen Lichtverstärkung und kryptische Kürzel wie XD4, XH72, CG, XX1141, wild durcheinander. Der Laie staunt, und selbst der Fachmann wundert sich sehr oft über die Termini und deren Auslegungen. Viele Anbieter interpretieren Fakten manchmal recht eigenwillig. Ein Nachtsichtgerät (NSG) nutzt schwaches oder für das menschliche Auge unsichtbares, infrarotes Licht, um ein für den Benutzer sichtbares Abbild der Umgebung zu erzeugen.Auch nach Sonnenuntergang ist immer noch sogenanntes Restlicht vorhanden, abgesehen von wenigen Ausnahmen, wie Höhlen oder Keller. Dieses Licht stammt entweder direkt von natürlichen Lichtquellen, wie Mond und Sternen, oder von Straßenbeleuchtungen, vorbeifahrenden Autos und sonstigen Quellen. Der Mensch sieht nachts nichts, weil er im langwelligen infraroten Frequenzbereich praktisch blind ist. Auf Grund der Funktion wäre der Begriff "Bildverstärker" oder "Bildwandler" allerdings korrekter als "Restlichtverstärker". Neu ist diese Technik übrigens nicht - schon in den 1930er Jahren wurde die Bildverstärkerröhre patentiert und gegen Ende des zweiten Weltkrieges bei deutschen Sondereinheiten in Fahrzeugen oder auf Handfeuerwaffen eingesetzt.
Aufbau: Der innere Aufbau aller Nachtsichtgeräte mit Bildverstärkerröhre ähnelt sich.Das Objektiv des NSG projiziert die Bildinformation auf die Vorderseite der Bildverstäkerröhre. Dort wird das Bild in ein Elektronenstrahlbild umgeformt und anschließend verstärkt. Wie bei der Bildröhre eines Fernsehers wandelt der Phosphorschirm an der Röhrenhinterseite das verstärkte Elektronenstrahlbild wieder in ein sichtbares optisches Bild um, welches durch das Okular betrachtet wird. Objektiv und Okular lassen eine Anpassung an unterschiedliche Entfernungen beziehungsweise die Sehschärfe des Nutzers zu.
Röhren und Generationen: Je nachdem, wie die interne Umformung und Verstärkung erfolgt, lassen sich Bildverstärkerröhren in Kategorien, die sogenannten Generationen einteilen. Eine Beschreibung dieser Generationen finden Sie im Original-Artikel in der "Wild und Hund 20/2011" oder auch in unserem Lexikon: http://www.nachtsichttechnik.info/lexikon/
Röhrenbezeichnungen: Bei den Zusätzen zu den Generationsbezeichnungen finden Sie sich kreative , aber aussagefreie Bezeichnungen. XD4 oder XD5 steht nicht für Generation 4 beziehungsweise 5, sondern für bestimmte Qualitätsabstufungen leistungsgesteigerter Generation 2plus Röhren des Herstellers Photonis. CG steht für "commercial grade. Das sind für höchste Anforderungen gebaute Röhren, die bestimmte Spezifikationen nicht erfüllen (oft auch nur in einer Hinsicht) und deshalb vergleichsweise günstig zivil gehandelt werden. Je nach Sorgfalt der sie aussuchenden Firma können hier sehr gute Röhren mit kleinen Schönheitsfehlern, wie ein paar dunklen Punkten, darunter sein.
Kennzahlen: Kennzahlen beschreiben die Leistung von Röhren und ermöglichen einen Vergleich. Die Lichtempfindlichkeit oder Photosensitivität wird in Mikro-Ampere per Lumen (µA/lm) gemessen.Je höher der Wert, umso mehr Elektronen vereinfacht ausgedrückt aus dem auftreffenden Licht. Je höher die in Linienpaaren pro mm (lp/mm) ausgedrückte Auflösung, umso schärfer und feiner kann das von der Röhre erzeugte Bild werden. Das Produkt aus Lichtempfindlichkeit und Auflösung heißt FOM (Figure Of Merit) und dient zur schnellen Beurteilung von Röhren. Eine vierte Kennzahl beschreibt das Verhältnis von verstärktem Signal und Hintergrundrauschen. Je höher das Signal-Rausch-Verhältnis, umso rauschfreier und reiner ist das Ausgangssignal der Röhre. Was ein Nachtsichtgerät tatsächlich leistet, hängt nicht nur von der Röhre ab. Die Qualität des Objektives und Okulares spielen hier ebenso mit hinein, wie auch die Abstimmung aller Komponenten aufeinander. Man findet die Daten einer Röhre auf dem zugehörigen Datenblatt, einer Art"technischem Ausweis" mit den individuell ermittelten Leistungskennzahlen, dem Herstellungsadtum und der genauen Typenbezeichnung. So lässt sich eine Röhre eindeutig beschreiben und indentifizieren - kein seriöser Händler macht aus Typ, Seriennummer und Datenblatt ein Geheimnis. Nur wer ausgemusterte Röhren verbaut, drückt sich verständlicherweise um solcherlei Angaben. Moderne Röhren haben eine Lebensdauer von über 5000, meist sogar 10000 Betriebsstunden. Stöße über 500 G (Erdbeschleunigung) vertragen Sie ebenfalls.
Infrarot (IR)-Beleuchtung: Gelegentlich reicht das vorhandene Restlicht nicht aus , um genug zu sehen. Entweder braucht man dann ein besseres NSG oder eine infrarote Zusatzbeleuchtung. Diese verbessert die Beobachtungsleistung, auch bei schwächeren NSG, wesentlich.
Infrarotlaser: Diese Strahler markieren hinsichtlich Leistung wie auch Kompaktheit und Preis die Obergrenze bei IR-Leuchtmitteln. Mit strahlungsaufweitender Optik und Dimmer eignen sie sich insbesondere für große Reichweiten. Leistungsfähige Laser stellen eine Gefährdung für Geräteröhre und Augen dar, weil sie in Sekundenbruchteilen irreparable blinde Flecke in die Röhrenbeschichtung oder Augennetzhaut brennen können. Dazu ist keine direkte Bestrahlung notwendig, es reichen Reflexionen aus dem Nahbreich, von Verkehrsschildern oder nassem Laub in der Nähe. Besonders heimtückisch: Man sieht das IR-Laserlicht mit bloßem Auge nicht und merkt entstandenen Schaden oft erst dann, wenn es zu spät ist. Ein Zertifikat hinsichtlich der Augensicherheit (Laserklasse 1) ist ein absolutes Muss.